Das wichtigste Problem jedoch , das zum Tauchen durch die Pinguine gelöst werden musste,
ist das der Sauerstoffversorgung. Jedes Lebewesen wandelt in einem Prozess, der
kataboler Stoffwechsel genannt wird, energiereiche organische Moleküle, zu energieärmeren
organischen
oder anorganischen Molekülen, um die in den Ausgangsstoffen enthaltene chemische Energie
für alle Lebensvorgänge zu gewinnen. Am Ende dieses Prozesses steht Wasser und
Kohlenstoffdioxid. Als weiterer Ausgangsstoff neben den energiereichen
organischen Molekülen (Zucker, Lipide, Proteine) auch Sauerstoff dafür gebraucht. (Er wird im, bei der
Endoxidation im Komplex IV, entstehenden Wasser wieder abgegeben)
Diese Stoffwechselvorgänge laufen bei einem lebenden Wesen ständig ab und lassen sich nur
bis zu einem bestimmten Maß reduzieren, so darf beispielsweise das Zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) oder
das Myokard (Herzmuskulatur) übehaupt nicht mangelversorgt werden.
Ein Pinguin verbraucht also unter Wasser genauso wie über Wasser Sauerstoff und produziert
auch Kohlenstoffdioxid. Da ein Pinguin keine Kiemen hat, die ihm ermöglichen würden, gelösten Sauerstoff aus
dem Wasser zu gewinnen und Kohlenstoffdioxid wieder ins Meer abzugeben, ist er gezwungen irgendwann wieder
auftauchen, um zu atmen. Je kürzer die Intervalle sind, in denen er atmen muss, desto uneffizienter wird
das Tauchen - da er mehr Zeit mit dem Auf und Abtauchen verbringt, als mit der Jagd in der
Zieltiefe. Selbst eine Anpassung, die den Vorfahren der Pinguinen nur eine kurze Verlängerung der Tauchzeit
ermöglicht hat, war also sehr vorteilhaft und hat evolutiv die
weitere Vererbung begünstigt. So lassen sich die raffinierten Anpassungen bezüglich des Sauerstoffverbrauchs
ansatzweise erklären.
Ein Problem ist, dass der Großteil der Erdatmosphäre nicht aus Sauerstoff, sondern aus Stickstoff besteht (zu 79 Volumenprozent).
Nur 20 Volumenprozent Sauerstoff ist in der Luft enthalten. Bei jedem Atemzug atmet also ein Pinguin, wie
auch ein Mensch in erster Linie Stickstoff ein, der jedoch unverändert wieder ausgeatmet wird.
Will der Pinguin also als Vorrat für den Tauchgang möglichst viel Sauerstoff mit in die Tiefe nehmen, muss er
diesen erst einmal von dem Stickstoff trennen. Das können Pinguine wesentlich besser als der Mensch,
der gerade einmal 15% des in der Luft enthaltenen Sauerstoffs nutzen kann. Pinguine können immerhin
60% des in der Luft enthaltenen Sauerstoffs in ihr Blut aufnehmen. Wie viel Sauerstoff verwertet werden kann,
wie effizient also der Gasaustausch abläuft, hängt maßgeblich mit der Oberfläche der Lunge zusammen.
Pinguine haben im Vergleich zum Menschen eine mehr als doppelt so große Lungenoberfläche, was auf noch
viel feinere Kapillaren in ihrem Luftsack, als bei der menschlichen Lunge zurückzuführen ist.
Ein im Vergleich zum Menschen (7,4) basischer ph - Wert von 7,8 in den Kapilaren der Lunge, erhöht zudem die Sauerstoffbindungsfähigkeit
des Hämoglobins, also des roten Blutfarbstoffes. Ein analog hierzu saurerer ph-Wert in den Pinguinkapillaren als beim Menschen erleichtert dort die
Sauerstoffabgabe durch das Hämoglobin.
Ein Pinguin ist also gegenüber dem Mensch im Vorteil, wenn man die Effizienz des Gasaustausches betrachtet.
Allerdings ist mit der erfolgreichen Aufnahme des Sauerstoffs und dessen schnellerer Abgabe im Zielgewebe
noch nicht das Problem dessen Speicherung gelöst.
Der Pinguin hat, wie der Mensch übrigens auch, drei Möglichkeiten Sauserstoff in seinem Organismus
zu speichern. Entweder gasförmig in seinem Luftsack, der einer Lunge entspricht, gebunden
an Hämoglobinmoleküle im Blut oder gebunden an Myoglobinmoleküle in den Muskelfasern.
Eine Speicherung im Luftsack ist besonders für tieftauchende Pinguine nicht möglich, weil ein luftgefüllter Brustkorb
dem enormen Wasserdruck nicht standhalten würde. Dadurch erklärt sich die scheinbar paradoxe Verhaltenweise, dass
Pinguine ausatmen, bevor sie abtauchen.
Vergleicht man den prozentualen Anteil den die drei Arten an der Sauerstoffspeicherung beim Mensch und beim Pinguin
betragen, dann fällt auf, das der Pinguin wesentlich mehr Sauerstoff in seinen Muskeln speichert
als der Mensch und dass dieser mehr Sauerstoff im Blut speichert, als der Pinguin.
Der Pinguin kann bedeutend mehr Sauerstoff in seinen Muskeln speichern, da die Myoglobin Konzentration (Myoglobin
ist chemisch sehr eng mit Hämoglobin verwandt und dient der Sauerstoffspeicherung / transport im Sarkomer, der Skelettmuskelfaser)
bei ihm wesentlich höher als beim Menschen ist. Sie ist sogar so hoch, dass die Brustmuskeln (umgebildete Flugmuskulatur),
wo der Pinguin den meisten Sauserstoff speichert, aufgrund der vielen dunkelgefärbten Myoglobinmoleküle in den Muskelfasern
schwarz grau sind.
Größte gemessene Tauchtiefen
Art / Speicherort | Blut: | Lunge: | Muskeln: | O2-Gesamtspeicher: |
Adéliepinguin | 36% | 29% | 35% | 0.053 l / kg |
Königspinguin | 53% | 15% | 32% | 0.058 l / kg |
Mensch | 52% | 36% | 12% | 0.02 l / kg |
Großer Tümmler | 34% | 20% | 46% | 0.04 l / kg |
Wedellrobbe | 65% | 6% | 28% | 0.06 l / kg |
Nicht nur aufgrund der Minimierung des Körperwärmeverlusts ist die Verminderung der Durchblutung relevant, sondern
auch zur Minderung des Sauerstoffverbrauchs. Die Funktion für das Tauchen unwesentlicher Organe wird stark
abgesenkt und der Stoffwechsel in deren Zellen stark zurückgefahren. Beispiele hierfür sind die Leber und die
Nieren der Tiere, die unter Wasser nur noch von 7% der Blutmenge an Land durchflossen werden. Wichtige Organe,
wie das Gehirn, insbesondere das für die Raumorientierung wichtige Cerebellum, werden jedoch nach wie vor
zu mehr als 95% durchblutet.Diese selektive Durchblutung wird durch die gezielte Verengung der entsprechenden
versorgenden Aterien der Organe bewirkt.
Untersuchungen an Adéliepinguinen haben außerdem gezeigt, dass die Tiere beim Abtauchen ihren Puls verlangsamen - von 210 auf 50 Schläge pro Minute (Brachykardie).
und das Ausflussvolumen gesenkt. Dadurch verlangsamt sich auch die Blutzirkulation und damit auch der allgemeine Stoffwechsel.
Beim und nach dem Auftauchen konnte man bei den Adéliepinguinen dagegen eine
Beschleunigung des Herzschlags feststellen - 290 Herzschläge pro Minute. Dadurch können während des
Tauchens entstandene Stoffwechselproduktansammlungen (z.B. Laktat, CO
2) zügig abgebaut und nach dem ersten
Atemzug an der Oberfläche auch periphere Zellen schnell wieder ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden.