Pinguine sind von Natur aus nicht gerade gesellige Tiere.
Zwar nisten sie in Kolonien - größtenteils zum Schutz von sich selbst
und ihrer Küken - doch der direkte Körperkontakt ist selten
erwünscht. Nur durch seinen Partner akzeptiert der Pinguin
Körperkontakt, ansonsten begegnen Pinguine schon Eindringlingen im
Nahbereich ihres Nestes sehr feindselig. Drohgebärden, Flossenschläge
und Schnabelhiebe gehören zu den normalen Umgangsformen in einer
Pinguinkolonie und einige Raufbolde benehmen sich für menschliche
Wertmaßstäbe geradezu rabiat. Besonders von Magellanpinguinen ist
bekannt, dass Revierstreitigkeiten öfters einen tödlichen Ausgang für
einen der Kontrahenten haben. Haben sich zwei Magellanpinguine so
richtig aufgestachelt, dann reicht das einfache Vertreiben des
Eindringlings aus dem eigenen "Vorgarten" nicht mehr aus. Er
wird quer durch die Kolonie verfolgt und wenn er nicht entkommen und
sich verstrecken kann, ist ihm - falls er sich im direkten Kampf nicht
behaupten kann, sein Tod gewiss. Der stärkere Pinguin, meist auch der
Verteidiger - ein schwächerer Verteidiger würde den Eindringling
sozusagen gezwungenermaßen in seinem Territorium dulden - setzt dem
schwächeren Pinguin nach, bis dieser erschöpft liegen bleibt. Selbst
danach hackt der Verteidiger, der zum Angreifer wurde, weiter auf sein
Opfer ein, bis dieses blutend und besinnungslos verendet. Für
menschliche Wertmaßstäbe wurde der Magellanpinguin Opfer sinnloser
Gewalt, doch diese Maßstäbe haben im Pinguinreich keine Gültigkeit.
Dieses Beispiel zeigt, dass Pinguine stets eine gewisse Distanz zu
Artgenossen wahren und jedem, der sich zu sehr nähert, feindselig
begegnen. Geradezu seltsam mutet daher das Sozialverhalten der
Kaiserpinguine an.
Wenn die Kaiserpinguinmännchen das frisch gelegte Ei
von ihrer Partnerin übernommen haben und diese ins Meer zurückgekehrt
ist, dann beginnt der antarktische Winter und für die
Kaiserpinguinmännchen die Zeit, in der sie alleine das Ei ausbrüten.
In dieser Zeit nehmen sie keine Nahrung zu sich und müssen zudem den
widrigen Wetterverhältnissen trotzen, die der antarktische Winter mit
sich bringt.
Zwar haben sich Kaiserpinguine physisch exzellent an ihren
Lebensraum angepasst, aber um den kalten antarktischen Winter zu
überdauern, müssen die Kaiserpinguine auch noch einen ausgeprägten
Teamgeist haben. Kaiserpinguine nisten in Kolonien, obwohl die extreme
Kälte sie vor jeglicher natürlicher Bedrohung auf dem Land oder in der
Luft schützt. Damit ist die eigentliche Hauptfunktion, die eine Kolonie
für nördlichere Pinguine hat, nämlich der Schutz vor Räubern, für
Kaiserpinguine hinfällig. Dass sie trotzdem in Kolonien nisten, hat
drei Gründe. Erstens finden sich Kaiserpinguinkolonien - von einer
Ausnahme abgesehen - immer im Windschatten von einigen Hügeln, Felsen
oder in Kuhlen. Solche Plätze, auch noch in Küstennähe, sind nicht so
verbreitet, wie man vielleicht annehmen möchte. Das bedeutet, dass
Kaiserpinguine schon einmal deshalb in Kolonien leben, weil für
einzelne Paare gar nicht genug geeignete Brutplätze zur Verfügung
stünden. Der zweite Grund ist selbstverständlich die Partnersuche und
-wahl. Träfen sich die Pinguine nicht in einer Kolonie, so wäre es
denkbar schwer, dass sich ein Paar für die kommende Brutsaison findet.
Die schier unendliche Weite der Antarktis würde das verhindern. Der
dritte Grund ist zugleich der wichtigste. Die Pinguine halten sich
gegenseitig warm und müssen das auch tun, um zu überleben.
Nach der Eiablage verlassen die Kaiserpinguinweibchen die Kolonie und watscheln
in Richtung Meer davon, um Nahrung zu sich zu nehmen, was nach der
Eiablage auch dringend notwendig ist. Das Wachstum der Follikelzelle in
ihrem Körper, die Bildung von Eiklar für das Ei und die Ausbildung der
kalkhaltigen Schale hat viel Nährstoffe und Mineralien verbraucht, die
nun die Kaiserpinguinmama wieder zu sich nehmen muss. Das Ei wird dem
Kaiserpinguinmännchen übergeben und die Partnerin watschelt davon.
Jetzt beginnt für die Männchen die härteste Phase des Jahres. Das Ei
muss mitten im antarktischen Winter fast 70 Tage lang von den Männchen
bebrütet werden. Während dieser Zeit nehmen die Männchen weiterhin
keinerlei Nahrung zu sich und müssen allein von ihren Fettreserven
zehren. Nach Ablauf der 70 Tage und der Rückkehr der Weibchen haben die
Männchen fast 40 % ihres Körpergewichts eingebüßt und müssen
dringend fressen. Nach der Rückkehr ihrer Partnerin müssen sie
schnellstens ins Meer, da sie nur noch weniger als eine Woche vom
Hungertod trennt. Verspäten sich die Weibchen zu sehr, dann bleibt den
Männchen irgendwann keine andere Möglichkeit mehr, als das Ei
zurückzulassen und sich wenigstens selbst zu retten.
Ingesamt fasten Kaiserpinguinmännchen fast 4 Monate am Stück und
müssen in dieser Zeit von ihren Reserven leben. Jeglicher
Energieverbrauch, der vermeidbar ist, muss unterbleiben und die
Energieaufwendungen für den Lebenserhalt des eigenes Organismus und den
des ungeschlüpften Kükens, müssen auf ein Minimum reduziert werden.
In derart temperaturextremen Lebensräumen wie der Antarktis - erst
recht im Winter - geht ein Großteil des Energieverbrauchs bei
homoiothermen (gleichwarmen) Lebewesen zu Lasten der Aufrechterhaltung
der Körpertemperatur. Durch gute körperliche Anpassungen, wie im
Abschnitt zuvor beschrieben, kann man diesen Energieverbrauch
signifikant senken, dies alleine wäre aber für die fastenden
Kaiserpinguinmännchen einfach nicht genug. Eine weitere Möglichkeit
für die Kaiserpinguinmännchen ihren Wärmeverlust zu reduzieren und
damit den Energieverlust durch die Aufrechterhaltung der
Körpertemperatur weiter zu senken, ist das gegenseitige Wärmen im
Winter. Dazu mussten die Kaiserpinguine erst einmal ein Sozialverhalten
entwickeln, das sich wesentlich von dem der anderen Pinguine
unterscheidet, wie in der Einleitung zum Kapitel „Anpassungen im
Verhalten - Kälteschutz“ erwähnt wurde. Kaiserpinguinmännchen
dulden den engen Körperkontakt mit anderen Männchen, um sich
gegenseitig warm zu halten.
Kaum sind die Weibchen zum Meer
aufgebrochen, kuscheln sich die Kaiserpinguinmännchen zu einem großen
Haufen zusammen. Dies erfolgt stets auf die gleiche Weise: Zwei
Männchen stellen sich nebeneinander, ein drittes stellt sich ihnen
gegenüber auf und legt seinen Kopf zwischen der Schultern der beiden
anderen Männchen. Dann scharen sich weitere Pinguine um diesen Kern und
drücken nach innen. Der ganze Haufen bewegt sich ständig und
irgendwann sind die äußersten Pinguine, die bisher die meiste Kälte
ertragen mussten, bis in die warme Mitte vorgerückt. Jene, die sich in
der Mitte befanden landen schließlich außen, und halten die Kälte
für einige Zeit ab. Dann dürfen sie wieder in die Mitte. So bekommt
jeder die Chance sich aufzuwärmen, denn ein solcher Pinguinhaufen ist
praktisch schneesturmfest.
Während der Brutzeit kann ein solcher Haufen
bis zu 6000 Pinguinmännchen umfassen, doch Kaiserpinguine versammeln
sich auch manchmal außerhalb der Brutzeit in solchen Haufen - dann sind
sie mit bis zu 350 Tieren jedoch noch recht überschaubar.
Das selbe
Verhalten werden junge Kaiserpinguinküken an den Tag legen, wenn sie
alt genug sind, um von ihren Eltern zeitweise allein gelassen zu werden.
Diese Pinguinkindergärten, wie sie in Dokumentarfilmen oft genannt
werden, sind ein beliebtes Motiv für Fotografen.
Doch Kaiserpinguine
haben sich noch auf eine andere Weise an ihre Umgebung angepasst. Da
sowohl die Erwachsenen wie Küken längere Zeit auf dem blanken Eis oder
Schnee stehen müssen, reicht eine minimale Durchblutung der Füße
nicht aus, um den Pinguin vor Wärmeverlust über die Füße zu
schützen. Deshalb haben Kaiserpinguine (und einige andere Arten) ein
spezielles Verhalten entwickelt: Wenn sie längere Zeit auf dem Eis
stehen müssen, kippen sie etwas nach hinten und stützen sich mit dem
Bürzel nach hinten ab. Dann ziehen sie ihre Füße weitgehend ins
Gefieder zurück und stehen nur noch auf den Hacken. Somit haben sie die
Berührfläche von ihren Füßen und dem Eis auf ein Minimum reduziert.
Menschen, die dieses Verhalten beobachten, interpretieren es jedoch
oft als ein entspanntes Zurücklehnen.
Manchmal kann man auch Pinguine beobachten, die nur auf einem Fuß
stehen, doch das kommt eher selten vor.
So seltsam das
klingen mag, selbst Pinguine, die in nördlicheren Breiten leben,
müssen zeitweise darauf achten, dass sie nicht zu sehr auskühlen.
Besonders bei längeren Aufenthalten im Meer verlieren die kleineren
Körper viel ihrer Körperwärme. Deshalb nutzen beispielsweise
Galápagospinguine eine einfache Strategie, um sich im Wasser
aufzuwärmen - das Sonnenbad. Forscher haben Galápagospinguine
beobachtet, die rund 50 km von der Küste entfernt auf der
Wasseroberfläche trieben und ihren schwarzen Rücken in die Sonne
streckten. Aber auch größere Pinguine, wie der Brillenpinguin kühlen
gelegentlich zu sehr aus. Aus diesem Grund tanken diese Pinguine nach
einer kalten Nacht auf dem Meer gerne Sonnenenergie. Früh morgens sieht
man sie zu Hunderten auf dem Rücken auf der Wasseroberfläche treiben,
die Flossen und Füße weit ausgestreckt, um möglichst viel
Sonnenstrahlung einzufangen, so beschreibt Wayne Lynch das Verhalten in
seinem Buch „Penguins of the World“.