Wer schon einmal im Schwimmbad versucht hat, ohne Taucherbrille unter Wasser die Augen zu öffnen wird die Erfahrung gemacht haben, dass Alles unscharf und verschwommen erscheint. Der Grund dafür liegt in der unterschiedlichen optischen Dichte von Wasser und Luft. Ein Auge, das
sowohl im Wasser wie an der Luft halbwegs klare Bilder wahrnehmen soll, diese unterschiedlichen
optischen Dichten ausgleichen können. Damit beim Sehen ein scharfes Bild entsteht, muss nämlich bereits
ein scharfes Abbild des Objekts auf der Netzhaut des Auges entstehen.
Das geschieht nur dann, wenn der Abstand zwischen Objekt und Augenlinse und Augenlinse und Netzhaut (die Bildebene) in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen. Nun ist die Entfernung der Bildebene durch die
Größe des Linsenauges festgelegt und kann nicht variiert werden. Damit dennoch ein scharfes Bild entsteht, egal wie weit ein Objekt vom Auge entfernt ist,
kann die Linse ihre Krümmung und damit ihre Brennweite verändern, was man in der Fachsprache als akkomodieren bezeichnet.
Zur Lichtbrechung trägt im Auge jedoch nicht nur die Linse bei. Schon die gekrümmte Hornhaut bricht
an ihrer Oberfläche einfallendes Licht, und ihre Brechkraft ist sogar höher, als die der Linse.
(Beim Menschen: Hornhaut 43 dpt; Linse 10-20 dpt, je nach Akkomodationszustand) Auch der größere
Teil der Brechkraft eines Pinguinauges entfällt auf die Hornhaut.
Bedingt durch die niedrigere Brechzahl von Wasser zu Hornhaut, als von Luft zu Hornhaut muss
die Pinguinlinse jedoch bei gleicher Entfernung eines Objekts unterschiedlich stark akkomodieren, je nachdem,
ob sich der Pinguin unter oder über Wasser befindet.
(Unter Wasser stärker als über Wasser)
Da die Ziliarmuskulatur nicht mehr als vollständig erschlaffen kann, kann auch die Augenlinse
die Brennweite nicht beliebig verkürzen. Es ist für eine Augenlinse unmöglich, den großen Unterschied zwischen
Wasser und Luft vollständig auszugleichen. Die Natur muss also für den Pinguin einen Kompromiss eingehen, damit
er trotzdem in beiden Lebensräumen ausreichend sieht.
Dieser Kompromiss äußert sich darin, dass alle Pinguine sowohl eine stärker gekrümmte Hornhaut als auch
eine stärker gekrümmte Linse haben als der Mensch. Somit sehen Pinguine unter Wasser
besser als der Mensch. Dieser ist im Wasser nämlich stark weitsichtig und bräuchte als
Normalsichtiger
eine Bille mit ca. 40 dpt, um unter Wasser scharf zu sehen.
Über Pinguine kann keine Aussage getroffen werden, die generell auf alle Arten zutrifft.
Die Forschungsergebnisse von Martin und Young, die das Sehvermögen des Humboldtpinguins ausführlich
untersucht haben, haben ergeben, dass Humboldtpinguine unter Wasser fast optimal sehen, während die
Brechkraft ihres Auges über Wasser um 28 dpt zu groß ist, um scharf sehen zu können.
Damit sind Humboldtpinguine an Land extrem kurzsichtig, während sie im Wasser problemlos sehen können.
Ein etwas anderes Bild ergibt sich, wenn man die Ergebnisse von Millodot und Sivak berücksichtigt,
die 1980 Untersuchungen des Sehvermögens bei Felsenpinguinen, Königspinguinen, Eselspinguinen und
den Brillenpinguinen durchgeführt haben. Diese Arten sind demnach an Land nur geringfügig kurzsichtig,
während die Brechkraft ihres Auges unter Wasser um 8 dpt bis 12 dpt zu gering ist, um einen perfekten
Sichtbereich zu haben. Demnach wären diese 4 Arten unter Wasser wie der Mensch weitsichtig. (wenn auch nicht so stark)
Grafik: Pinguine.net
Die Grafik zeigt einen tauchenden Galápagospinguin und seinen horizontalen Sehbereich. Dabei fällt auf, dass der Pinguin einen großen horizontalen Sehbereich hat, aber nur in einem kleinen Bruchteil davon räumlich sehen kann. Das ist jedoch keine Behinderung für den Pinguin, da seine besondere Jagdmethode dies kompensiert.
Berücksichtigt man die hohen Ansprüche, die ein Pinguin an seinen Sehsinn unter Wasser hat, dann mag
dies nur unbefriedigend erscheinen. Allerdings gehen Sivak und Millodot davon aus, dass
die mittelschwere Weitsichtigkeit der besagten 4 Pinguinarten unter Wasser keine gravierende
Behinderung des Pinguins mit sich bringt. Begründet wird dies, durch die optischen Eigenschaften des
Wassers und durch die im Meer vorherrschenden blaugrünen Farbtöne, die es den Pinguinen erlauben,
auf kurze Distanz aufgrund des Farbkontrasts ihre Beute dennoch wahrzunehmen.
Aufgrund der seitlichen Augenanordnung am Kopf kann ein Pinguin im Wasser übrigens nur einen schmalen
Bereich räumlich sehen. Gerade einmal in einem 20 Grad Winkel in der Horizontalen kann ein Pinguin seine
beiden Sehfelder zu Deckung bringen und damit räumlich sehen. Dreht er jedoch seinen Kopf, dann kann er immerhin
einen Winkel von 85 Grad in der Horizontalen räumlich einsehen.
Grafik: Pinguine.net
Die Grafik zeigt einen tauchenden Galápagospinguin und seinen vertikalen Sehbereich. Mit 135 Grad ist dieser enorm groß. Das ermöglicht dem Pinguin vieles wahrzunehmen, was sich über oder unter ihm befindet, um Beute oder Gefahren schnell zu erkennnen. Er erleichtert dem Pinguin ferner die Orientierung unter Wasser.
Dafür verfügt ein Pinguin über ein großes
räumliches Sehfeld in der Vertikalen. Seine Sehfelder überlappen sich in einem Bereich von
135 Grad und ein Pinguin kann damit vieles räumlich wahrnehmen, was sich über oder unter ihm befindet.
So erklärt sich auch die Jagdmethode der Pinguine. Sie schwimmen von unten an Fischschwärme heran,
die sie mittels ihres guten räumlichen Sehvermögens in der Vertikalen präzise ausmachen können.
Gut getarnt durch ihr schwarz - weißes Gefieder können sie von ihrer zukünftigen Beute praktisch nicht ausgemacht werden.
Befindet sich ein Pinguin direkt unter einem Schwarm Beutetiere, dann beschleunigt er und schwimmt mit hoher
Geschwindigkeit praktisch senkrecht nach oben. Dadurch zeichnen sich die Körper der Beute entweder als dunkle Stellen gegen die
helle Oberfläche ab, oder erscheinen sogar silbrig, wenn sie Licht von der Oberfläche reflektieren. Das
ermöglicht es dem Pinguin, trotz der Unterwasserweitsichtigkeit der meisten Arten,
seine Beute präzise zu schnappen.
Damit das Pinguinauge nicht durch unter Wasser schwebende Kleinstpartikel verunreinigt wird,
blinzelt der Pinguin übrigens beim Tauchen oft, damit die Nickhaut -
ein drittes Augenlied, das beim Menschen nicht mehr vorhanden ist - die Augenoberfläche ständig reinigt.
Gut zu erkennen ist die weißliche Nickhaut bei Königspinguinfoto oben auf der Seite.
Foto: Ignacio Franco
Im Nahbereich können Pinguine nur mit einem Auge sehen.
Eine bemerkenswerte Eigenheit bei Pinguinen ist, dass zum Beispiel Magellanpinguine auf kurze Distanz
einen Menschen oder einen Artgenossen stets abwechselnd, mal mit dem einen, dann wieder mit dem anderen
Auge betrachten. So dreht ein Pinguin, der ein nahes Objekt oder Lebewesen beobachtet, ständig den
Kopf von links nach rechts und zurück. Dieses Verhalten lässt sich erneut damit erklären, dass
die seitliche Position der Augen am Kopf und der dicke Schnabel dazwischen, es für Pinguine unmöglich
machen, im Nahbereich etwas mit beiden Augen zu fixieren. Wenn Pinguine, insbesondere Pinguine der
Gattung
Spheniscus, ihren Kopf schütteln, dann nur deshalb, damit sie das nahe Objekt, das ihre
Aufmerksamkeit auf sich zieht, mit beiden Augen sehen können.