Obwohl das Verbreitungsgebiet der Pinguine formal die ganze südliche
Erdhalbkugel umfasst, sind sie natürlich nicht gleichmäßig über diese verteilt.
Nicht umsonst zählen Pinguine zu den Seevögeln. Sie kommen nur in
Küstennähe vor und selbst hier gibt es Unterschiede in der
Pinguinpopulation. Manche Küstengebiete zeichnen sich durch eine
Vielzahl von heimischen Pinguinarten aus, während andere Küsten der
Südhalbkugel nicht für Pinguine geeignet sind.
Die Anzahl der verschiedenen Pinguinarten und auch die Anzahl der Tiere einer Art
wird von einigen Faktoren beeinflusst. Sie lassen sich allgemein in
abiotische und biotische Faktoren untergliedern. Unter dem Begriff
biotisch sind alle Faktoren zusammengefasst, die sich aus der Existenz
von anderen Lebewesen ergeben. Abiotische Faktoren dagegen beschreiben
Einflüsse aus der unbelebten Umgebung.
Zu den abiotischen
Faktoren zählt beispielsweise die Temperatur. Nicht alle Pinguine
können in allen Lebensräumen auf der Südhalbkugel überleben. Sowohl
der Kaiserpinguin als auch der Gálapagospinguin mussten sich speziell
anpassen, um ihre Verbreitungsgebiete zu erschließen. Das bedingt, dass
sie nicht einfach ihre Heimat tauschen könnten, selbst wenn sie dies
wollten. Jedoch handelt es sich bei ihnen um Speziallisten für extreme
Temperaturen unter den Pinguinen. Die meisten Pinguine haben sich an
einen Lebensraum angepasst, der zwischen dem 40. und 59. südlichen
Breitengrad in einer gemäßigten Umgebung liegt und wenig
spezieller
Anpassung bezüglich der Temperatur bedarf. In diesem Bereich findet sich daher abiotisch bedingt
die höchste Populationsdichte.
Außerdem kann noch der Zeitpunkt für den Beginn des Sommers und seine effektive
Länge sowie die Wassertemperatur in dieser Jahreszeit für den Bestand einer
Pinguinkolonie wichtig sein, je nachdem wie weit südlich eine Kolonie liegt.
Dabei gilt allgemein, dass der Bruterfolg einer südlicheren Kolonie stärker
wetterabhängig ist, als der einer nördlicheren der gleichen Art.
Zu den biotischen Faktoren zählt dagegen im wesentlichen die
Nahrungsverfügbarkeit. Sie wird durch interspezifische Konkurrenz oder durch intraspezifische
Konkurrenz begrenzt und natürlich auch von abiotischen Faktoren
beeinflusst, weil sich auch die Beutetiere diesem Einfluss nicht
entziehen können. Als intraspezifische Konkurrenz wird der ständige
Wettbewerb zwischen Artgenossen um die begrenzt vorhandene Nahrung bezeichnet,
während die interspezifische Konkurrenz die Rivalität verschiedener Arten
bezeichnet, die auf die gleiche Beute angewiesen sind. Jedoch steht ein
Pinguin nicht nur bezüglich seiner Nahrung unter Konkurrenzdruck.
Besonders wichtig wird intraspezifische Konkurrenz den Brutplatz
betreffend.
Oft entscheidet nämlich ein guter Brutplatz über Erfolg oder Misserfolg
bei der Brut, wenn er beispielsweise ein Humboldtpinguingelege nicht gut
genug gegen die Sonne schützt, weil er nicht in einer Bruthöhle liegt,
oder wenn er ein Eselspinguingelege nicht ausreichend vor Feinden schützt, weil er
am Rand der Kolonie angesiedelt ist. Nur der Pinguin kann in der Regel
seine Küken erfolgreich aufziehen, der einen guten Brutplatz wählt und
ihn auch gegen seine Artgenossen behaupten kann. Außerdem zählt zu den
biotischen Faktoren der Soziale Stress und die Bedrohung durch
Fressfeinde. Beide sind von der Populationsdichte abhängig. Je größer
eine Kolonie ist, desto höher ist der Soziale Stress für die Pinguine,
aber desto geringer ist die Bedrohung des Einzelnen durch Feinde.
Der wichtigste abiotische Faktor, der die Population der Pinguine beeinflusst,
ist die Temperatur, während das Nahrungsangebot einer Region als der bedeutsamste
biotische Faktor angesehen werden muss, obwohl es auch von
abiotischen Faktoren abhängt. So sorgt ein spezielles System von Meeresströmungen
für den schier unendlichen Reichtum der Südpolarmeere an Krill und
Ruderfußkrebsen, die die Bedingungen für einen großen Reichtum an
Meeressäugern und Seevögeln bieten.
Die zentrale Rolle in diesem System spielt der Antarktische Zirkumpolarstrom. Dieser mächtige Strom, dessen
durchschnittliche Fließmenge die vierfache Menge des Golfstroms und die
392fache Wassermenge des Mississippis umfasst, fließt zwischen dem 45.
und 65. südlichen Breitengrad in östlicher Richtung rund um den
Globus. An seinem südlichen Rand, auf ca. 60 Grad südlicher Breite,
trifft der Antarktische Zirkumpolarstrom auf einen unter Einfluss von
vorherrschenden Winden westwärts
fließenden Gegenstrom, der salzigeres und kälteres Wasser direkt aus
der Antarktis mit sich führt. An der Grenze zwischen diesem Strom und dem
Antarktischen Zirkuspolarstrom prallen große Wassermassen aufeinander.
Bedingt durch einen unterschiedlichen Salzgehalt kommt es nicht zu einer
nennenswerten Durchmischung, sondern die Wasserfronten divergieren, sodass an der Grenze ein schmaler Streifen entsteht, der
strömungsberuhigt ist. Dieser Streifen wird daher auch Antarktische Divergenz
(Divergenz = Auseinanderlaufen) genannt und in diesem Bereich kann wärmeres
Wasser aus größeren Tiefen an die Oberfläche aufsteigen. Dieses
Wasser sinkt in einem der umgebenden Ozeane, also im indischen,
pazifischen oder atlantischen Ozean auf den Meeresgrund. Auf seinem
langen Weg bis zur antarktischen Divergenz löst es Nitrate, Phosphate
und Silikate vom Meeresboden und reichert sich mit diesen Stoffen an.
Wenn dieses wärmere mit Nährsalzen angereicherte Wasser aus der
Tiefsee bei der Antarktischen Divergenz an die sonnendurchflutete Oberfläche geschwemmt wird,
dann verteilen sich die
Nährsalze im Meer und es bilden sich augrund des regionalen Mineralreichtums große
Versammlungen einzelliger photosynthetisch aktiver Organismen. Dieser
Phytoplankton bildet die Grundlage der gesamten marinen Biosphäre
(Gesamtheit aller Ökosysteme). Er
dient Zooplankton als Nahrung, der wiederum größeren Tieren wie
Ruderfußkrebsen als Nahrung dient usw. Über den Sekundärkonsumenten,
den Tertiärkonsumenten etc. gelangen die Nährstoffe, die vom
autotrophen Phytoplantkon produziert wurden, schließlich zum Konsumenten
Pinguin. Dieser ist nicht der Endkonsument, steht aber fast am Ende der
meisten Nahrungsketten. Somit begünstigt ein reichliches Angebot an
Phytoplankton auch die Vermehrung der Pinguine.
Grafik: NASA, Satellitenbild des "Sea-viewing Wide Field of view Sensor"
Vor der Küste Südafrikas sorgen der Agulhasstrom und der Benguelastrom für günstige Bedingungen für Phytoplankton. Dieses falschfarbige Bild des SeaWiFS-Statelliten vom 28. März 1999 stellt hohe Konzentrationen von Chlorophyll, also auch von Pytoplankton, in Rot- und Orangefarbtönen dar.
Die Antarktische Divergenz ist jedoch nicht der einzige Ort, an dem sich
derart mineral- und damit nährstoffreiche Gewässer finden. Mitten in dem riesigen
Gebiet des Antarktischen Zirkumpolarstroms, welches auch Westwind -
Trift genannt wird, finden sich 23 Inselgruppen, die zusammen an die 850
Inseln umfassen. Wenn der Antarktische Zirkumpolarstrom diese
Inselgruppen umfließt, dann werden Wassermassen umgewälzt und ein
ähnlicher Effekt wie bei der antarktischen Divergenz tritt auf. Warmes,
nährsalzreiches Wasser kann an die Oberfläche kommen und optimale
Lebensbedingungen für Phytoplankton schaffen.
Das gleiche Phänomen tritt auch auf, wenn sich Wassermassen an den
Südspitzen der Kontinente durchmischen.
Die Kapregionen vom Kap der
guten Hoffnung und vom Kap Horn, genauso wie die Südspitze Neuseelands
zählen deshalb auch zum Verbreitungsgebiet der Pinguine. Stets spaltet
sich an den südlichen Enden der Kontinente auch ein Meeresstrom von dem
antarktischen Zirkumpolarstrom ab, der weiter gen Norden fließt.
Der Humboldtstrom an der Westküste Südamerikas, der Falklandstrom an
der Ostküste Südamerikas, der Benguelastrom vor der Westküste Afrikas,
der Westaustralische Strom vor Westaustralien oder der Südlandstrom vor
der Küste Neuseelands gehören zu dieser Kategorie von Meeresströmungen.
Die Küstenabschnitte, denen ein solcher kühler Meeresstrom vorgelagert
ist, gehören zu den bevorzugten Verbreitungsgebieten der Pinguine.
So hat es beispielsweise nur der kalte
Humboldtstrom vor den Küsten Chiles und Perus den Pinguinen erlaubt,
hier zu leben. Humboldtpinguine leben sogar in den Randbereichen der
Atacamawüste, aber ohne die kalten Meeresströmungen blieben die
großen Fischschwärme aus, die die Nahrungsgrundlage dieser Pinguine
bilden. Wie gravierend sich das Fehlen einer kalten Meeresströmung
auswirkt, kann man am Beispiel El Niño sehen. Alle paar Jahre
verändern sich die Strömungsverhältnisse im Pazifik für einige
Wochen. Während dieser Zeit drücken starke Ostwinde warmes Wasser aus
den äquatorialen Breiten an die Westküste Südamerikas und der kalte
Humboldtstrom verlagert sich weiter in die offene See hinaus. Mit ihm
verschwinden die reichen Planktonvorkommen und die Fischschwärme, die
sich von Plankton ernähren. Die Pinguine sind also von ihrer
Hauptnahrungsquelle abgeschnitten, sodass die Versorgung der Küken praktisch
unmöglich wird. Die Eltern müssen lange Strecken zurücklegen, um
den Fischschwärmen ins offene Meer zu folgen. Oftmals sind die Pinguine
10 bis 15 Stunden unterwegs, um in halbwegs nahrungsreiche Gewässer zu
kommen, sodass die Küken nur noch sporadisch gefüttert werden können.
Viele Küken überleben eine solche schlechte Saison nicht, sodass der
Bruterfolg des betreffenden Jahres minimal ist. Eine lang anhaltende
Wetteranormalität kann zu nennenswerten Populationsdichteeinbrüchen führen.
Grafik: NASA, Satellitenbild des "Sea-viewing Wide Field of view Sensor"
Diese Draufsicht auf den Antarktischen Zirkumpolarstrom vereint etliche Satellitenbilder des "Sea-viewing Wide Field of view Sensor" (SeaWiFS) der NASA. In Falschfarben ist die Konzentration von Chlorophyll im Wasser dargestellt. Deutlich hebt sich rund um den 40. südlichen Breitengrad die nördliche Grenze des Antarktischen Zirkumpolarstroms ab, die größte Konvergenzzone der südlichen Hemissphäre, wo die kälteren Wassermassen des Antarktischen Zirkumpolarstroms unter die wärmeren Fluten der umgebenden Ozeane abtauchen und damit ideale Lebensbedingungen für Phytoplantkon schaffen.
Die nördliche Grenze des Antarktischen Zirkumpolarstroms ist de facto auch die nördliche Verbreitungsgrenze der Pinguine. Wenn sich Arten weiter nördlich finden, dann nur deshalb, weil sich in bestimmten Regionen kalte Meeresströmungen aus dem Antarktischen Zirkumpolarstrom lösen und weit nach Norden fließen. Dies ist vor Südafrika und vor allem vor Südamerika der Fall, wie man auch an der besonders stark erhöhten Chlorophyll Konzentration vor der südamerikanischen Westküste sehen kann, die durch den kalten Humboldtstrom bedingt ist.
Galápagospinguine sind sehr anfällig für das Wetterphänomen El Niño,
da vor der Küste der Inseln mit dem Cromwellstrom sowieso nur ein
Bruchteil der kalten Wassermengen des Humlboldtstroms vorbei fließt.
Eigentlich dürfte es also auf den Galápagosinseln gar keine Pinguine
geben.
Dass es sie dennoch gibt, hängt mit einem weiteren Effekt zusammen.
In Bereichen, in denen eine kalte Meeresströmung auf eine warme trifft,
kommt es ebenfalls zu einer Durchmischung der Wassermassen, wenn der
Hauptteil der kalten Strömung unter die warme Strömung absinkt. Man bezeichnet
solche Stellen als Konvergenzzone (Konvergenz = Übereinstimmung) und
alle Konvergenzzonen zeichnen sich dadurch aus, dass sie reich an
Seevögeln sind, was auf ausreichend Nahrung schließen lässt. In der
Tat handelt es sich bei Konvergenzzonen um Gunsträume für Pytoplankton,
der, wie bereits angesprochen, die Grundlage aller marinen Ökosysteme
(der Biosphäre) bildet. Eine solche Konvergenzzone findet sich auch rund um die
Gálapagosinseln, wodurch sich dort die Anwesenheit von Pinguinen
erklärt.
Die größten Konvergenzzonen finden sich jedoch viel weiter südlich, beispielsweise
am nördlichen Rand des Antarktischen Zirkumpolarstroms. Hier durchmischen
sich wärmere Wassermassen aus den drei großen Ozeanen mit den kühlen Fluten der
Westwind - Trift. Diese Grenze, die jedoch nicht fest ist, sondern mal südlicher
und mal nördlicher liegt, aber sich im Bereich von 40 Grad südlicher Breite bewegt,
ist ein weiteres Gebiet mit großem Nahrungsangebot.
Entsprechend viele Pinguine finden
sich in den Breiten der Antarktischen Konvergenz, besondern in Gebieten, wo zusätzlich noch eine warme Meeresströmung
aus dem Norden auf eine kalte Strömung trifft, wie das beispielsweise vor der
Ostküste Argentiniens der Fall ist.
Grafik: NASA
Die Aufnahme zeigt einen Teil der argentinischen Ostküste ungefähr vom 41. südlichen Breitengrad bis zum 53. südlichen Breitengrad. Die markante Halbinsel in der linken oberen Bildecke ist die Valdes Halbinsel, der Golf darüber wird San Matías Golf genannt. Er stellt die ungefähre nördliche Verbreitungsgrenze der Magellanpinguine an der Ostküste dar. Deutlich zu erkennen sind die verschiedenen Färbungen des Meeres. Diese rühren von einer großen Konvergenzzone zwischen dem kalten Falklandstrom aus dem Süden und dem warmen Brasilstrom vom Norden her.Diese grüne Färbung beruht auf einer unvorstellbar großen Menge des zur Photosynthese benötigten Chlorophylls, welches sich im Wasser befindet. Es ist in den unzähligen autotrophen, photosynthetisch aktiven Kleinstlebewesen enthalten, die unter dem Begriff Pytoplankton zusammengefasst werden. Diese enorme Anzahl solcher photosynthetisch aktiven Lebewesen lässt auf die sehr günstigen Wachstumsbedingungen schließen, die in jener Konvergenzzone vorherrschen. Da Phytoplankton die Nahrungsgrundlage jeder marinen Nahrunskette bildet, bedeutet das indirekt einen großen Nahrungsreichtum für Pinguine und alle anderen Meereslebewesen. Wie sich das Fehlen solcher nahrungsreichen Konvergenzzonen auswirken kann, sieht man im Falle des Klimaphänomens El Niño Effekts an er südamerikanischen Westküste.
Grafik: Pinguine.net
Das Schema stellt die südpazifischen Strömungsverhältnisse stark vereinfacht dar. Zum einen während der meistens vorherrschenden Bedingungen und einmal während des Wetterphänomens El Niño. Im Normalfall halten starke Westwinde im südlichen Pazifik einen Kaltwasser und Warmwasserkreislauf in Gang, der den Pinguinen an der Westküste Südamerikas ein üppiges Nahrungsangebot bietet. Diese Winde sind im Normalfall sogar so stark, dass sie so große Wassermengen gen Westen blasen, dass der Meeresspiegel in Australien um ca. 40 cm höher liegt als an der Westküste Südamerikas. Im Falle des Klimaphänomens El Niño kommen diese Winde zum erliegen und ostwärts wehende, schwächere Winde kommen auf, sodass der Wasserkreislauf praktisch zusammenbricht. Die lebenswichtigen Konvergenzzonen verschieben sich und die Fischschwäme verschwinden aus der Nähe der Küsten. Für Pinguine kann dieses Wetterphänomen, welches bei Auftreten stets in die Brutzeit fällt, massive Einbrüche beim Bruterfolg bedeuten, da ihre Küken verhungern.